Kirche und Wirtshaus
Kirche und Wirtshaus
Man muss auch dem Körper etwas gönnen, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen“ hat ein Geistlicher aus Regensburg zu Josef Fendl einmal gesagt. Dieser und noch andere nette Sprüche und Gspasettl des Turmschreibers zum Thema Kirche und Wirtshaus trugen zur abendlichen Unterhaltung der Seminarteilnehmer von „Kirche und Wirtshaus“ vom 24. bis 25. November 2010 in Wildbad Kreuth bei.
Dabei ist das Thema, dem sich dieses Seminar gewidmet hatte, durchaus ernst und traurig. Inzwischen gibt es in Bayern 500 Gemeinden, in denen kein Wirtshaus mehr zu finden ist. Dörfer werden zunehmend zu Schlaf- und Wohnsiedlungen, da es kein Gemeinschaftsleben mehr gibt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen hat man jetzt mit Fernsehen und modernen Kommunikationsmitteln Unterhaltung und Information zu Hause. Zum anderen hat sich für das örtliche Gastgewerbe ein großer Konkurrent entwickelt. McDonalds ist überall erreichbar, sein Angebot schmeckt immer gleich – man weiß, was man bekommt für sein Geld.
Die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels teilen die 42.000 Gasthäuser in Bayern mit den Kirchen, die immer weniger Kirchgänger zu verzeichnen haben. Aber nicht nur der Wirtschaftsfaktor der überwiegend mittelständisch geprägten Betriebe lässt diese Entwicklung für Bayern zur Bedrohung werden. Auch das Heimatgefühl und die zwischenmenschliche Begegnung bleiben damit auf der Strecke. Dies hat Auswirkungen auf die Jugend, die außerhalb der Schule nicht mehr zwanglos lernt, zu kommunizieren. Es verändert auch die Lebensqualität der modernen mobilen Gesellschaft. Diejenigen, die nicht mehr dort leben können, wo sie aufgewachsen sind, haben es schwerer, sich eine neue Heimat zu schaffen. Für sie gibt es keinen Treffpunkt, um die Ortsgemeinschaft kennenzulernen und sich zu integrieren.
Überlegungen, dieser Entwicklung zu begegnen, verdienen daher größte Anerkennung. Eine Maßnahme dieser Art stellt die Aktion „Kirche und Wirtshaus“ dar, die gemeinsam mit Ideengeber Dr. Werner Chrobak, Bezirksheimatpfleger Dr. Franz Xaver Scheuerer und dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband umgesetzt wurde. Man versucht hier durch Freizeitgestaltung und Kunstgenuss eine Kombination herzustellen, die den örtlichen Gasthäusern zugute kommt. Dazu werden Kirchenführungen angeboten, die im Anschluss ein Einkehren im benachbarten Wirtshaus vorsehen. Dort hat der Wirt Gelegenheit, seine Familiengeschichte zu erzählen und Besonderheiten seines Gebäudes zu erläutern. Mit einer Brotzeit und dem gemütlichen Beisammensitzen werden nicht nur Vereinsmitglieder und Seniorengruppen unterhalten. Auch als offenes Angebot im Rahmen der Erwachsenenbildung kann diese Aktion umgesetzt werden. Führungen dieser Art kann jeder durchführen. In Deutschland ist im Gegensatz zu Italien und Griechenland keine Kirchenführerkonzession erforderlich. Eine Genehmigung des Pfarrers als Hausherren und die Bereitschaftserklärung des Wirtes sollte man natürlich einholen.