Ostern im Weihnachtsfestkreis – Zum „Fest der Taufe des Herrn“
Mit dem Sonntag am 8. Januar endet in der katholischen Kirche in diesem Jahr die Weihnachtszeit; sie war eine der kürzesten überhaupt (nach der längsten möglichen Adventszeit!) – erst zwei Tage zuvor wird das Hochfest der Erscheinung des Herrn (6. 1.) gefeiert. Noch nicht sehr lange ist dies der Fall; erst mit der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils kam es zu dieser Festlegung des Endes der Weihnachtszeit; bis dahin bildete das Fest „Mariä Lichtmess“, wie es genannt wurde, am 2. Februar den Abschluss des Weihnachtsfestkreises. In der evangelischen Kirche endet die Weihnachtszeit mit dem Fest „Epiphanias“ am 6. Januar. Dann schließen sich die „Sonntage nach Epiphanias“ an.
Der Abschluss der Weihnachtszeit mit dem Sonntag nach Erscheinung erscheint plötzlich und ungewohnt. Auch hat das heutige Fest ja auf den ersten Blick gar nichts mit Weihnachten zu tun. Wir sind es zwar gewohnt, dass kleine Kinder schon bald nach ihrer Geburt zur Taufe gebracht werden, aber bei Jesus haben wir es ja mit einem Mann von etwa dreißig Jahren zu tun. Was also hat es mit dem Fest der Taufe des Herrn am Ende des Weihnachtsfestkreises auf sich?
Ganz zu Beginn seiner Entstehung im 4. Jahrhundert gehörte die Taufe Jesu als Festmotiv zum 6. Januar; zusammen mit dem Besuch der drei Magier an der Krippe und dem ersten Wunder Jesu in Kana, als er Wasser zu Wein verwandelte, zeigte es das Offenbarwerden der göttlichen Herrlichkeit in Jesus Christus auf. Dieses Offenbarwerden der Göttlichkeit des Herrn wurde bei seiner Taufe durch die Stimme des Vaters im Himmel bestätigt, die sagte: „Du bist mein geliebter Sohn, dich habe ich erwählt.“ Und auch der Geist senkt sich in Gestalt einer Taube auf ihn herab. „Theophanie“, Gotterscheinung, nennen die orthodoxen Christen dieses Fest, das sie am 6. Januar feiern, denn der dreifaltige Gott offenbarte sich, wie es in einem Gesang heißt:
„Bei deiner Taufe im Jordan, Herr, / wurde die anbetungswürdige Dreifaltigkeit geoffenbart. / Denn des Vaters Stimme zeugte für dich, / da sie dich nannte den geliebten Sohn, / und der Geist in Gestalt einer Taube / bekräftigte die Gewissheit des Wortes. / Christus, Gott, der erschien und die Welt erleuchtete, / Ehre sei dir!”
Von daher steht dieses Fest der Taufe des Herrn in direkter Beziehung zum Hochfest Epiphanie. Als man begann, die drei genannten Festinhalte auf verschiedene Tage zu verteilen, wurde die Taufe Jesu am Oktavtag, dem 13. Januar gefeiert. Da es diesen heute nicht mehr gibt, gilt der Sonntag nach Epiphanie als Fest der Taufe des Herrn. Doch es gibt noch einen anderen guten Grund, weshalb dieses Fest den Weihnachtsfestkreis abschließt, obgleich es scheinbar wenig Weihnachtliches aufweist. Wir sehen heute die Schar der Menschen, die an den Jordan kommen, ihre Sünden bekannten, um sich von Johannes taufen zu lassen. Zu diesen gesellt sich Jesus hinzu. Wie kommt das?, möchte man fragen, da er doch ohne Sünde war, wie im Hebräerbrief gesagt wird. Jesus meint es durchaus ernst mit seinem Ansinnen der Taufe und lässt auch nicht zu, dass sich Johannes von ihm taufen lässt, wie Matthäus vom Täufer berichtet. Es ist also kein „fishing for compliments“, sondern wirkliche Solidarität Jesu mit den Menschen, mit uns. Wenn man so will, ist diese Situation eine Konsequenz aus dem weihnachtlichen Geschehen der Menschwerdung Gottes. Er wird nicht Mensch, um turmhoch über uns zu stehen, er wird wirklich einer von uns, macht sich sogar den Sündern gleich. Eigentlich zeigt erst dieses Geschehen die ganze Bedeutung von Weihnachten deutlich. Hier geht es eben nicht um die Idylle der Geburt eines kleinen Kindes mit Krippenromantik und Wiegenlied, zu der das Fest der Menschwerdung Gottes bei uns geworden ist. Weihnachten bedeutet: Gott wird Mensch in aller Konsequenz. Das Fest der Taufe des Herrn ist daher tatsächlich ein weihnachtliches Fest – und zugleich österlich. Wie Paulus in seinem bekannten Hymnus im Philipperbrief schreibt:
„Jesus Christus war Gott gleich, / hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, / sondern er entäußerte sich, / wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich, / war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz. / Darum hat Gott ihn über alle erhöht / und ihm den Namen verliehen, / der größer ist als alle Namen, / damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde / ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jede Zunge bekennt: / Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes des Vaters“ (Phil 2,6–8).
Der Philipperhymnus, wie diese Verse genannt werden, ist österlich durch und durch. Und als Gesang auf die Menschwerdung Gottes ist er zugleich das allererste „Weihnachtslied“.