„Und Gott sah, dass es gut war.“ Gedanken zu Tiersegnungen
Von dem Schweizer Maler Arnold Böcklin gibt es ein Bild, aus dem Jahr 1892 mit dem Titel: „Der heilige Antonius predigt den Fischen.“ Es greift die Legende auf, nach welcher der Franziskaner aus Padua den Fischen gepredigt haben soll. Und so sieht man denn auf dem Bild den Heiligen an einem felsigen Meeresstrand stehen, mit der linken Hand die am Saum beschmutzte Kutte schürzen und mit missionarischem Eifer auf einen Hai am Strand einreden, der ihm – den Kopf erhoben, das Maul leicht geöffnet, die Flossen wie zum Gebet gefaltet – scheinbar ergriffen zuhört. Hinter ihm viele andere Fische, die ihre Köpfe aus dem Wasser heben. Auf dem unteren Drittel des Bildes wie in einer Art Predella aber sieht man, als sei es ein Aquarium, große Fische kleinere verschlingen: die grausame Wirklichkeit des Lebens, die Böcklin hier kontrastierend zur Predigt darstellt. Das Bild reizt zu der Frage, wie wir Tiere sehen – auch im Gottesdienst.
Tiersegnungen
Das Christentum ist einer agrarischen Kultur entwachsen; Tiere spielten in der Lebenswelt der Menschen eine große Rolle und wurden auch diese mit einbezogen. Wie man Haus und Hof dem Segen Gottes anvertraute, so auch die Tiere, mit denen man lebte. Es waren natürlich vor allem die Nutztiere, die man seinem Segen anempfahl. Es gab eigene Votivmessen, in denen um die Erhaltung der Herden gebetet wurde, verbunden mit der Bitte um Bewahrung vor Krankheiten und Seuchen. Unter den Nutztieren hatten die Pferde eine besondere Stellung – aber auch die Bienen: Die Bedeutung des Wachses sowie des Honigs spielte ebenso eine Rolle wie die Symbolik der Biene für die jungfräuliche Geburt des Herrn aus Maria, die früher auch im Osterlob „Exsultet“ ausführlich besungen wurde.
Tiere wurden auch unter den besonderen Schutz von Heiligen gestellt. Es gab und gibt Patrone des Viehstandes (z. B. Wendelin) bzw. einzelner Tierarten wie Pferde (Stephanus, Leonhard). Eine besondere Bedeutung erlangte in letzter Zeit der heilige Franziskus wegen seiner Schöpfungsspiritualität, in der er auch die Tiere und Pflanzen als Mitgeschöpfe betrachtete, wie es auch in einigen Legenden zum Ausdruck kommt (der Wolf von Gubbio; die Vogelpredigt). An seinem Gedenktag, dem 4. Oktober, finden auch Tiersegnungen statt
Die Tiersegnungen nahmen früher und auch heute in den liturgischen Texten besonders auf den Nutzen der Tiere Bezug, die Gott „in die Hand des Menschen gegeben (hat), damit er sie gebrauche“ (was keine glückliche Formulierung ist!) und ihm dafür danke (Benediktionale 336). Doch sie sind und waren über den „Gebrauch“ hinaus auch seiner Verantwortung anvertraut. Die Tiere gehörten zur menschlichen Gemeinschaft und Familie dazu, was sich auch darin ausdrückte, dass man ihnen zu besonderen Tagen das Fest angekündigte und eine „Maulgabe“ reichte. Sie waren auch in Zeiten der Trauer im Haus mit eingeschlossen; wenn der Bauer gestorben war, wurde ihnen das mitgeteilt: „Der Wirt ist tot.“
Haustiersegnung
Der Rückgang des Erlebens von Nutztieren führt dazu, dass zunehmend auch Haustiere gesegnet werden. Auch über sie wird der Lobpreis Gottes ausgerufen, der alles geschaffen hat. Das ist ganz im biblischen Sinn. In der Segnung soll zum Ausdruck kommen, dass Tiere als Mitgeschöpfe gesehen werden, die auf ihre Weise Freude, Schmerz, Trauer empfinden wie auch wir Menschen.
Der anthropozentrische Blick verführt gelegentlich dazu, die Tiere dabei in ihrer Possierlichkeit zu sehen, sie auf „Spielkameraden“ zu reduzieren. Wird man damit ihrer Lebenswirklichkeit gerecht, die ja auch das Jagen und das Töten miteinschließen kann? Die Katze ist eben nicht nur ein zärtlich anschmiegsames und schnurrendes Geschöpf, sondern für andere Tiere ein mörderischer Jäger. Letztlich geht es auch um das Bild Gottes, in dem Leben und Tod gleichermaßen aufgehoben sind. Auch in Psalm 104 wird Gott als Schöpfer der Tiere gepriesen, doch die grausame Wirklichkeit, dass Tiere nach Beute verlangen, ist hier nicht ausgeblendet (Ps 104,21). Wir dürfen Gott nicht zu einem Kuscheltier-Schöpfer verniedlichen.
„Wie wunderbar die Natur doch ist!“
Der niederländische Schriftsteller Maarten t’Hart lässt in seinem Roman „Der Schneeflockenbaum“ einen Parasitologen fasziniert über die „‚intelligent design‘-Grausamkeiten“ der Schöpfung sinnieren – und den Geist bewundern, der sie sich ausgedacht hat:
„Schlupfwespen trommeln mit ihren dünnen Beinen auf ein Getreidekorn und stellen so offenbar fest, ob sie es mit einem unversehrten Korn zu tun haben oder mit einem, in dem ein Kornkäfer haust. Ist letzteres der Fall, bringt die Wespe ihren Legestachel in Stellung. Der Kornkäfer hat das Trommeln auch gehört. Offenbar weiß er, dass er in Gefahr ist, denn er krümmt sich und wartet. Flüchten kann er nicht, weil er sich vollgefressen hat und nun im Korn feststeckt. … Der Legestachel dringt ungehindert in seinen Körper ein, wodurch der Käfer gelähmt wird. Die Schlupfwespe legt ihre Eier in den Kornkäfer, und wenn die Jungen schlüpfen, futtern sie den gelähmten, aber immer noch lebenden Käfer von innen her auf. Oh, oh, wie wunderbar die Natur doch ist! Und Gott sah, dass es gut war.“