Paula Schrode | Sunnitisch-islamische Diskurse zu Halal-Ernährung.
Sunnitisch-islamische Diskurse zu Halal-Ernährung.
Konstituierung religiöser Praxis und sozialer Positionierung unter Muslimen in Deutschland
(Muslimische Welten 2),
Ergon-Verlag Würzburg 2010
Pb., 388 Seiten, ISBN 978-3-89913-816-0
Wer bestimmt, was islamkonforme Ernährung ist? Die vorliegende Studie, leicht überarbeitete Fassung der Dissertation von Paula Schrode, Islamwissenschaftlerin an der Universität Heidelberg, analysiert religiöse Diskurse zu Halal-Ernährung, die von sunnitischen Muslimen in Deutschland geführt werden. Diskurse stellen dabei in bestimmte Kommunikationskotexte eingebettete soziale Praktiken dar, indem einerseits transnational und andererseits in Wechselwirkung mit gesamt-gesellschaftlichen Prozessen in Deutschland versucht wird, islamische Positionen auszuprägen. Einerseits gibt es traditionelle Strukturen und Bildungsnetzwerke, andererseits gibt es zahlreiche Angebote über das Internet, das den Nutzer an ein globales Diskursfeld anbindet und eine neue islamische Öffentlichkeit darstellt.
Die Speiseverbote gründen primär im Koran, doch im islamischen Recht gewinnt das Thema der Speisegesetze an Komplexität: Aus den einfachen Regeln des Korans entstehen verschiedene Fallunterscheidungen und Kontroversen mit engeren oder liberaleren Auslegungen. In dem Maße, wie auch Laien Zugang zu autorativen Quellen haben, geschieht Rechtsfindung immer wieder neu. Anhand zahlreicher Beispiele zur Aushandlung von „erlaubt“ und „verboten“ wird im Hauptteil des Buches gezeigt, wie Laien durch diesen Zugriff auf normatives Religionswissen an der Konstruktion und auch Kontrolle islamischer „Orthodoxie“ beteiligt sind. Im Anhang wird beispielhaft die Diskusssion im Internetforum „Islamvoice“ zur Frage „Ist Fleisch von den Christen und Juden auch halal?“ dokumentiert.
Das Buch stellt die Bandbreite der Debatte zu konkreten Lebensmitteln und praktischen Fragestellungen – etwa gemeinsame Mahlzeiten mit Nicht-Muslimen – dar und arbeitet heraus, wie Praktiken wie Halal-Konsum mit Sinn erfüllt werden.