Dieter Korczak / Hartmut Rosenau (Hgg.) | Rummel, Ritus, Religion. Ästhetik und Religion im gesellschaftlichen Alltag
Dieter Korczak / Hartmut Rosenau (Hgg.)
Rummel, Ritus, Religion.
Ästhetik und Religion im gesellschaftlichen Alltag
Neukirchener Verlag
Neukirchen-Vluyn 2003
Pb., 142 S.
ISBN 3-7887-1989-3
Die Religion prägt die Menschen auch unser westlichen Welt – wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise – zunehmend wieder mehr. Zugleich setzt sich die Östhetisierung unseres Alltags immer stärker durch. Die Präsenz von Religion und Östhetik im gesellschaftlichen Alltag war das Thema der 58. Jahrestagung der Interdisziplinären Studiengesellschaft für Praktische Psychologie e. V. 2001 in Kiel. Im vorliegenden Buch ist ein Teil der damals gehaltenen Vorträge unter den Stichworten Rummel – Ritus – Religion gesammelt. Sie bestätigen in je unterschiedlicher Perspektive nicht nur die enge Zusammengehörigkeit von Kunst und Religion (etwa im Beitrag von Waldemar Molinski über Bildersturm und Bilderverehrung), sondern zeigen auch, wie sie mit ihren Bildern und Symbolen den Alltag nach wie vor prägen. Dies wird besonders in der Werbung deutlich, wie Eckart Gottwald an einigen markanten Beispielen aufzeigt (Ritus und Religion in der Werbung), auch am (zur damaligen Zeit in seinem Boom noch nicht voraussehbaren) Sakraltourismus und dem Hang zum Okkulten, Mystischen und Magischen (Hartmur Rosenau).
Der letzte Beitrag beschäftigt sich mit dem Essen und Trinken, in dem Nathan Peter Levinson diesen Grundvorgang des Menschen deutet. Er unterscheidet Menschen, die leben, um zu essen, von solchen, denen am Essen wenig liegt, die eher der Askese zuneigen und über die Entsagung körperlicher Genüsse an einer spirituellen Vervollkommnung arbeiten. Levinson stellt einen dritten Weg heraus, den er den jüdischen nennt: Er zieht sich weder aus der Welt zurück noch betont er den Genuss als Höhe menschlichen Strebens. Hinter den jüdischen Speisegeboten lässt sich (neben anderem) auch das Prinzip der Heiligung erkennen. Auch das Essen und Trinken wird zu einem Vorgang, in dem die Menschen Gott anerkennen, ihm dienen und sich heiligen. Dies geschieht vor allem durch die verschiedenen Segenssprüche beim Essen, auch bei anderen Verrichtungen, selbst scheinbar trivialen. Durch die Speisegesetze wird das Ausufernde diszipliniert. „Das Triviale, das Allägliche wird hineingenommen in das Göttliche. Der Ewige findet sich ind er Küche wie im Gotteshaus, das Heilige am Speisetisch wie am Altar“ (S. 135). – Eine sehr schöne Darstellung der jüdischen Theologie des Essens und Trinkens, die sich freilich, anders als Levinson es darstellt, von eine recht praktizierten und verstandenen christlichen Theologie nicht untescheidet, wie auch, da sie (gerade im Blick auf die Heiligung – vgl. 1Kor 10,31; 1Tim 4,3–5) aus der jüdischen herasugewachsen ist.